Kunst hat auch sehr profane Seiten, z. B. wenn man sie transportieren muss. Dazu habe ich einen kleinen Einachser-Anhänger mit einem Aluminiumaufbau. Mit diesem Gefährt hinter meinem PKW-Kombi, beides vollgeladen mit Kunst, war ich auf der Autobahn in Deutschland und stand in einer Doppelkolonne vor der Autobahntankstelle. Aus einem Wagen in der Nebenkolonne war ein kleiner Junge ausgestiegen, vielleicht sieben Jahre alt, ein richtiger Dreikäsehoch, mit dem sich ein Gespräch ergab.
„Wir sind eine ganze Zeit hinter dir hergefahren, das Ding da gefällt mir!“
Und er zeigte auf meinen Anhänger.
„Mir auch!“
„Sieht aus wie ein Silberwürfel auf Rädern!“
„Ja, und sehr praktisch ist er!“
Das verstand er wohl nicht so recht, weil er mit gesenktem Kopf auf den Boden schaute.
„Was ist da drin?“
Er hatte wieder Zutrauen gefasst.
„Kunst!“ war meine spontane Antwort.
„Was ist das, kann man damit spielen?“
Ich war verunsichert:
„Spielen, also weißt du, na ja, also eigentlich nein. Nein, nein, kann man nicht mit spielen! Na ja, vielleicht, mit den Farben oder so!“
Plötzlich kam ich mir kleiner vor als er.
„Also,was ist es denn?“
Ich war noch mehr verunsichert:
„Also, das ist . . . , man kann das nicht . . . , also ich kann das nicht so einfach . . . erklären, so genau weiß ich das auch nicht.“
„Woher hast du das?“
Jetzt war ich wieder in sicherem Fahrwasser:
„Hab’ ich selbst gemacht!“
„Da weißt du nicht, was es ist, das ist komisch!“
Er machte ein sehr erstauntes Gesicht, verdutzt wäre wohl zutreffender.
„Ja, du hast Recht, ja, eigentlich ist es komisch!“
„So, jetzt muss ich wieder gehen. Tschüüüs!“
Er wandte sich in die Richtung, aus der er gekommen war, drehte sich aber nochmals so halb zu mir um:
„Mach’ nächstes Mal etwas besseres, dass du weißt, was du machst, dieses Zeug da, wie hast du das genannt, Kust!“
„Nein,“ rief ich etwas ungeduldig, „das heißt nicht Kust, das heißt Kunst!“
Er wandte sich noch mal ganz zu mir um und meinte:
„Ist doch Wurscht, wenn du schon nicht weißt, was das ist!“ Und schon war er zwischen den Autoreihen wieder verschwunden.
Nach einer halben Stunde überholte mich ein Auto, auf dem Rücksitz kniend winkte mir ein kleiner Junge durch das rückwärtige Fenster zu, vielleicht 7 Jahre alt, ein richtiger Dreikäsehoch.
„Ja, was ist es eigentlich, was ist Kunst an der Kunst? Die Form? Der Inhalt? Die Botschaft? Wie hätte ich meinem kleinen Freund die Erklärung, die Peter Killer einmal gegeben, verständlich machen sollen: Kunst ist das nach außen Legen von zuvor nach innen genommenen Bildern!“
Natürlich konnte er, mein kleiner aufgeweckter Interviewer, meine Gedanken weder hören noch lesen.