von Sascha Döring, erschienen in „Westdeutsche Allgemeine“
Erscheinungsdatum: 03.04.2007

Für einen nachdenklichen und interessanten Nachmittag sorgte Wilhelm Kufferath von Kendenich mit seinem Ein-Mann-Stück «ich Pilatus – du Jesus» im Mariendom (Neviges/Velbert/D). Paul Hüsch begleitete ihn an der Orgel, Sebastian Gottfried trug Klarinetten- und Saxofon-Improvisationen vor.

Wilhelm Kufferath von Kendenich trug überzeugend sein Ein-Mann-Stück «ich Pilatus – du Jesus» im Mariendom vor. Ein nachdenklicher und interessanter Nachmittag. Pontius Pilatus ist alt geworden. Gebeugt sitzt der ehemalige römische Präfekt an einem Schreibtisch und fertigt seine Memoiren an. Und dabei setzt er sich noch einmal mit den Hintergründen seines Urteils gegen Jesus von Nazareth auseinander.

«ich Pilatus – du Jesus».So lautet der Titel des Ein-Mann-Stückes, das Wilhelm Kufferath von Kendenich am Samstag in der Wallfahrtskirche aufführte. Die Inszenierung ist ein Gespräch zwischen Pilatus und Jesus, eine Fiktion basierend auf den heutigen Forschungen. Dabei ist dieses „Gespräch“ reicht einseitig. Pilatus redet zu einem Kruzific und hält nur manchmal inne, so als ob der Gekreuzigte ihm antworte. Dennoch, er Inhalt ist überaus interessant.

So rollt der römische Beamte die Vorgeschichte zum Prozess analytisch auf. Nüchtern betrachtet er Jesu Einzug in Jerusalem aus der sicht der Besatzer. Wenig interessant sei das gewesen. Zumindest für ihn.

Er habe Rom nicht bedroht, es habe sich um eine innerjüdische Angelegenheit gehandelt, macht Pilatus klar. „In meinen Augen warst Du nur ein spinnender Zimmermann.“ Doch die neue Lehre habe nicht solchen Zustrom erhalten, wie es nötig gewesen wäre. „Und Du wusstest: Es muss etwas Dramatisches passieren, damit sich die Geschichte nicht im Sand verläuft.“ Und so berichtet Pilatus nüchtern, was dann passierte. Als Fremder habe Jesus den Tempel betreten. Nach jüdischem Recht stehe drauf der Tod. Da aber die Rechtsgewalt bei den Römern lag, musste eine Anklage her. In den Augen der Besatzer war die Tat harmlos. Doch als Jesus in der Befragung durch den Richter – also Pilatus – geschwiegen habe, habe er sich nach römischem Recht schuldig gemacht. Pilatus musste ihn bestrafen: „Ich musste damals die politische Situation mit einbeziehen“, erklärt der Präfekt. „Die Stimmung war gereizt, gerade zu Ostern. Und da hätte ein kleiner Funke genügt, um einen Aufstand auszulösen.“ Der hätte hunderte Soldaten und tausende Zivilisten das Leben gekostet. „Die Wahl war also klar. Lieber einer als tausende“, analysiert Pilatus kühl. Nur um dann lobend fortzufahren. Ohne es eigentlich zu wollen, sei er zum Komplizen Jesu geworden. Dieser habe strategisch geschickt den Urteilsspruch erzwungen und damit sein Heilswerk durchgeführt. „Hättest Du auf meine Fragen geantwortet und Deine Intentionen erklärt, wärest Du gescheitert.“
Schließlich versucht Pontius Pilatus die Hintergründe dieses Verhaltens zu verstehen. Es sei eine Dimension im Spiel, die er nicht begreifen könne, gibt er zu. Vielleicht gehe es dabei um die „alles und alle umfassende, dienende Liebe“. Ein Prinzip, dass er das „Christus-Prinzip“ nennen wolle. Zwar könne er nicht mehr zu seinem Anhänger werden, aber: „Ich ehre uneingeschränkt das, was Du der Menschheit gebracht hast.“
Die zahlreichen Zuschauer verabschiedeten Wilhelm Kufferath von Kendenich schließlich mit lang anhaltendem Applaus. Ein nachdenklicher und dennoch interessanter Nachmittag fand so seinen Abschluss.